ITRT 2011
-- 150 km Tour 2 Gebirge komplett --
Start: 19.06.2011 - 26.06.2011
Ziel: Hejnice
Teilnehmer:
Tomas,Mirko,Olaf,Thomas,Maik,Gerd,Jörg
Bilder
Sonntag, 19.06.2011
Nach
zwei
Jahren war es wieder so weit.
Nachdem
wir
2010 innegehalten hatten und es bestenfalls auf eine Reise in uns
selbst
gebracht hatten, brach unser ITRT Geist aus seinem Kokon aus. Wir waren
wieder
reif für eine Wanderung.
Durch
eine
Neubesetzung der Funktion des Verkehrs- und Reiseministers mit Thomas
Grundmann
konnte die Planung auf ein neues Niveau gehoben werden. Diese Aufgabe
hat
Thomas mit Bravour gelöst. Nicht nur, dass er mit Reiseführerbuch,
Landkarten,
ausgedruckten Routenvorschlägen ausgerüstet war, nein. auch
Satellitenfotos mit
bester Auflösung verhalfen uns später im Gelände zu guter Orientierung.
(Gepflegte Verbindungen zum amerikanischen NSA sind etwas wert :)
(Sollte
die
nächste Tour auch so gut geplant werden, ist wohl ein neuer
Ministerposten
fällig. Anm. Mirko)
Mit
einer
in der Tiefe ausgearbeiteten Reiseplanung trafen wir uns also
auf der
Autobahn bei Oberlichtenau im OLI-Park und konnten uns schon während
der
Reduzierung von Gerd’s Vorräten (gut abgehangene Weimarer Wurstwaren)
an auf
uns zukommende Wetterunbilden erfreuen. Auf unserer Weiterfahrt
Richtung
Görlitz tat ein Rastplatzaufenthalt Not. Maik musste seine Hopfenlimo
entsorgen. Deshalb wollten wir den letzten Parkplatz vor der Grenze zum
Pausieren nutzen. Mirko hatte unterwegs erzählt, dass er sich zum
Öffnen des
Tankdeckels seines feuerwehrroten Audi 80 immer in den Kofferraum
beugen muss
um dann in einen Schlauch zu blasen. Das wollte ich nicht glauben.
Darum
demonstrierte Mirko das auf dem besagten und fast komplett leeren
Parkplatz.
Wir standen dabei alle laut schallend lachend um den Audi herum, als
ein
Polizist langsam auf unsere Gruppe zugeschlendert kam. Ich dachte mir,
der will
auch teilhaben an unserem offensichtlichen Lachanfall.
Irrtum!
Guten Tag die Herren, kam es vom Gesetzeshüter. Nun Bürger, was haben
wir denn
falsch gemacht? So die Frage. Wir gucken links, rechts, dann auf den
Straßenbelag. Oh, da war ein Behindertenzeichen aber kaum noch
erkennbar. Woran
erkennt man einen Behindertenparkplatz, so die neue Frage. Wir: Am
Schild.
Richtig. Und wenn kein Schild da ist, woran noch? Schweigen. Na, am
abgesenkten
Bordstein! Und woran noch die Herren ? Schweigen. Na, an der viel
breiteren
Parkmarkierung, die auf die Straße gemalt ist. Meine Herren, so der
Polizist,
das wären 2 mal 35 Euros gewesen. Dann parken sie mal schnell um.
Gesagt getan.
(Das Thema
werden wir aber an sachkundiger Stelle bei D.v.d.L. nachprüfen lasssen)
Wir
planen,
die gesparten 70 Euros am Abend beim Diner in Tschechien umzusetzen,
also zu
Umsatz des Gastwirts unseres Chateaus oder Hostinec zu machen. Die 70
Euro
waren als verlorene Masse zu betrachten.
Vor
lauter
Lachen und Gequassel im Auto verpassen wir natürlich die Abfahrt
Görlitz und
fahren dann eben über Polen nach Zgorzelec, parken die Autos dort ab
und laufen
auf der sogenannten Friedensbrücke über die Neiße nach Görlitz in die
Altstadt.
Görlitz ist
auf jeden Fall eine Reise wert. Die Altstadt und die Gaststätten sind
Sonntagmittag alle voll. Das wäre so in Chemnitz nicht erlebbar.
Der
Gang
von Ost-Görlitz (Zgorzelec) nach West-Görlitz bringt mich in ein Gefühl
wie: So
muss das jemand gefühlt haben, der vor dem Mauerfall von West-Berlin
nach
Ost-Berlin kam. Man sieht, dass die Brüder und Schwestern mit dem
großen
Portemonnaie in Zgorzelec nicht vorhanden waren und sich jetzt die
ersten großflächigen
interessanten Aufhellungen am Stadtbild zeigen.
Dann
fahren
wir weiter durchs Länderdreieck Polen, Deutschland, Tschechien und
landen dann
auf dem Autocampingplatz Hejnice.
http://autokempink-hejnice.e-camping.cz/
Hejnice
(ehemals Hainsdorf) ist ein schönes Städtchen in herrlichem Panorama
des
Isergebirges (Jizerka) eingepackt. Was auffällt ist die sehr große
barocke
doppeltürmige Kirche. Wir besuchen das Gotteshaus. Es ist sehr gut
renoviert
und prächtig ausstaffiert. Die große Pracht will vom Kopf her nicht
passen zum
kleinen Städtchen, bis dann Aufklärung naht. Das Kloster Hejnice ist
seit 1200
rum Wallfahrtsort und noch heute kommen rund 120.000 Wallfahrer pro
Jahr um der
Maria Heimsuchung zu fröhnen.
Danach
wandern wir zum Campingplatz zurück und beziehen unsere zwei Hütten.
Wir teilen
uns regional auf in Gläubige und Ungläubige, ach nein, in die Thüringer
Hütte
und die Sachsenbaude.
Frau
Micikova ist die amtierende Leiterin des Zeltplatzes und spricht einen
schönen
Deutschdialekt. Ist das das alte Sudentendeutsch, wo Hütte noch Hitte
heißt?
Sie fragt uns nach unserem Ziel und erfährt, daß wir komplett durchs
Isergebirge und dann durchs Riesengebirge marschieren wollen. Und das
Tagesziel
für morgen? Wir sagen: Jizerka, die Spitze vom Isergebirge.
Och,
sagt
Frau Micikova, das ist nicht weit. „Frieher als wir noch samstags
arbeiten
mussten, da bin ich mit meiner Mama Samstag nach Mittag dort jedes
Wochenende
hoch gelaufen. Mein Onkel hat dort oben in der Hitte gekocht. Das is
nich weit“.
Und wir dachten, sie waren Nachmittag dort.
Gutgläubig
wie wir sind, nehmen wir das für bare Münze. Der Abend ist ran und wir
hungrig,
Ab geht’s in die Gaststätte, die sie uns empfehlt: Das Jedelniky Dum,
das
Arbeiterhaus, wenn man es übersetzt.
Das
Abendessen wird von Tomas zentrokratisch festgelegt. Smazeny Syr s
Hranolky (panierter frittierter Emmentaler mit Pommes) für
alle! Fertig!
Der
Abend
wird lang und schön.
Montag, 20.06.2011
Dem
Morgen
graut, als wir aufstehen und zum Waschzuber gehen. Frühstück ist getan,
dann
werden die Rucksäcke auf den definitiven Abmarsch vorbereitet.
Überflüssige
Gerätschaften, Klamotten, Tropenhelme und Eisgrödel werden im Basiscamp
gelassen.
Danach
beginnt der Aufstieg ins Isergebirge und … der Regen. Feiner Landregen.
Also
Rucksäcke runter, Regenjacken und Ponchos ausgepackt, uns verhüllt und
aufwärts
geht’s. Nach langem Aufmarsch kommen wir zu den Nuss-Steinen, die wir
auch
besteigen (siehe Fotos) Der feine Landregen wurde ersetzt durch
scharfen kalten
Wind.
Weiter
geht’s die Berge rauf, rauf, rauf. Wir pausieren und Gerd erzählt einen
Witz.
Zwei
Wanderer gehen durch den Wald, da steht plötzlich ein großer Bär und
brummt.
Der eine Wanderer packt schnell seine Turnschuhe aus. Der andere
Wanderer sagt:
Ach, lass, der Bär ist sowieso schneller als wir rennen können.
Sagt der
erste darauf: Ja ich weiß, Hauptsache ich bin schneller als Du.
Alles
lacht. Eben wahre Freunde…
Am
Nachmittag kommen wir aus dem Wald auf die Hochebene von Jizerka. Das
Dorf
Jizerka sollte man sich besser vorstellen als eine Ansammlung von
zwanzig
Häusern verteilt auf einer Fläche, ein mal drei Kilometer. Die erste
Anfrage
(von Tomas in reinstem Tschechisch) wird vom grasmähendem
Pensionsbesitzer
mürrisch oder zumindest lustlos beantwortet: „Vorher angerufen bei
Frau? Nein?
Na da geht nichts“. Auch eine zweite und dritte Anfrage woanders endet
erfolglos. Jörg wird leicht nervös. Er fabuliert von Waldschlaf auf
feuchtem
Moos uns zweifelt die Geistesklarheit der Organisatoren an.
Im
Pansky
Dum, dem angeblich teuersten Haus, so einer der vorher befragten
Nachbarn,
werden wir dann fündig. Die verwalten nämlich das nachbarliche Haus,
die
Pyramida, keine 50 Meter entfernt vom Pansky Dum. Die vorherige
Nachfrage im
Pyramida hatte ein klares Nein ergeben. Jedenfalls: die nette
Rezeptionistin
vom Pansky Dum befand, daß wir Quartier in der Pyramida haben können
(gegen
geringes Entgelt versteht sich).
http://www.ceskehory.cz/ubytovani/hotel-pansky-dum-jizerka.html
Der
Abend
endet in Vorsuppe und Hauptgang plus einer Bierverkostung in Höhenluft.
Als
sich die offizielle Schließzeit (22 Uhr) nähert, bietet uns der Wirt
an, mit
unserer „last order“ in den Salon
umzuziehen.
Das ist ein schönes Angebot des Wirtes, der uns ansieht, daß wir zwar
müde und
leicht ausgezehrt sind aber noch nicht schlafen gehen wollen. Es ist
auch eine
dankbare Aufgabe für Jörg, der versucht, die Heizungsanlage des Raumes
(oder
etwa des Hauses (?) zu optimieren)
Durch
diesen Komfort verpassen wir leider einen Besuch beim berühmten
Misthaus.
http://ruessel.in-chemnitz.de/misthaus/
Geschichten
zum und über das „Misthaus“ von Gustav Ginzel, hier mit Heinz Eggert,
ehemals
sächsicher Innenminister
http://www.radio.cz/de/rubrik/kaleidoskop/das-misthaus-...
Dienstag 21.06.2011
Nach
einem
opulenten Frühstück bekommen wir am Bach entlang einen gelungenen Start
hin. -
In den Regen. Der endet aber schnell. So kommen wir über die Brücke
nach Orle /
Carlsthal. Das ist eine Dreihäusersiedlung und war über zwei
Jahrhunderte lang
eine Glasbläsermanufaktur, die zeitweise mit hundert Arbeitern besetzt
war. Das
müssen goldene Zeiten für die ansonsten armen Bergbewohner gewesen
sein. Das
Glas von Carlsthal galt bei der Weltausstellung in London als das
Besondere.
Berühmt sind die Millefiori-Glastechniken .
Darauf
nehmen wir die Wanderung in Richtung Harrachov auf, verbunden mit einem
steilen
Abstieg. (Natürlich ahnt jeder: Steiler Abstieg, na, da wartet dann
doch ein
glücklicher Aufstieg, natürlich steil wie eh und je, so wie wir es
lieben)
Der
Abstieg
wird aber versüsst bzw. verwässert. Wir kommen am Wasserfall des
Flusses Cerna
Desna mitten im Wald vorbei. Als wir aus dem Wald treten, stehen wir am
Bahnhof
von Harrachov, genannt Osada Mytiny. Früher waren das die sogenannten
Strickerhäuser. Dieser kleine Flecken wechselte bei Kriegsende gleich
dreimal
den Besitzer. Nach den Deutschen, kamen die Polen aber ein paar Monate
später
waren die Tschechen die neuen Bürgermeister.
Unten
im
Tal fällt der Raucherfraktion ein: Mensch, Inhalationsmittel werden
knapp. Also
sitzen die Nichtraucher, nehmen eine längere verdiente Pause, während
sich die
Qualmisten bis zur nächsten Tankstelle oder was weiss ich bemühen.
Weiter
ortsaufwärts in Harrachov kommen wir in Versuchung, herauszufinden, ob
die
Seilbahn die auf den in Sichtweite greifbaren großen Hausberg von
Harrachov
führt, uns ein paar Höhenkilometer abkürzen könnte. Glücklicherweise
stellt
sich heraus: Der Berg ist zwar hoch, noch gar nicht so hoch wie der
Berg, auf
den wir rauf müssen, aber: jener Berg führt in die absolut falsche
Richtung. Was
für ein Glück für Mirko, der schon auf den höchsten Bergen Osteuropas
gesichtet
wurde aber für keinen Kreuzer über einen zwei Meter hohen Schwebebalken
balancieren geschweige denn eine Seilbahn benutzen würde.
Also
entscheiden wir: der Einwurf eines kleines Stehbanketts kommt vor dem
Aufstieg.
So landen Klitscher, Speckacki-ähnliche Würste und
Cheeseburger-Weichhaufenhügelgefülltwasfürdingsdadinger
in unseren Mägen. Danach beginnt der Aufstieg… und der
Regen. Oder besser; der
Regen beginnt, als wir im Mumlava-Tal die letzte Touristenhütte
passiert haben
und nun der lange, lange Aufstieg zur Vosecká Bouda
(Wossekerbaude) beginnt.
Jörg
verliert zum wiederholten Male seine am Rucksack baumelnden Sandalen.
Diesmal
bleiben sie trotz Zurücklaufens aber verschollen. Und stimmt's Jörg, Du
hättest
die Sandalen gebraucht, damit Du in dieser Zeit Deine
transpirativ-olfaktorischen
Duftschwaden zur Bekämpfung der Mücken und Wadenbeißer benützen
könntest. Wenn
das denn helfen würde.
Mirko
trifft als erster dort ein und muss ein Schild lesen auf dem steht: ab
17:00
Uhr geschlossen.
Zum Glück
ist es erst 17:50 Uhr!
Nachdem
die
Sprachgewandten angekommen sind, erklärt der Wirt, dass eigentlich
schon
geschlossen ist. Den dazukommenden Sohn kann Tomas von unserer Notlage
und den
uns belastenden
Kronenballast
überzeugen und die Tore öffnen sich für uns. Am Abend ist die Bude, äh
Baude
dann sogar „richtig voll“, der Restaurant-Saal „halb voll“ und die
Kellnerin
hat gut zu laufen. Sie warnt uns auch, daß um 22 Uhr der Generator
abschaltet.
Das tut der auch pünktlich und sofort ist der Fernseher im Vorraum tot
und die
Fangemeinde von Wirt, Personal und einigen Gästen nimmt klaglos das
Ende vor
dem Ende der Soap-Opera in Kauf.
Zuvor
fand
noch ein schönes Spiel statt. Dem Gastwirt gab ich ein Geduldspiel, bei
dem man
durch Überlegen den Trick findet, wie der Quarter-Dollar aus der
Scheibe ohne
Gewalt und Hilfsmittel heraus zu bekommen ist. Der Wirt war auf mehrere
Quarter-Stunden beschäftigt, so wie zuvor die anderen Wanderkameraden.
Einzig
Thomas konnte das Problem rein wissenschaftlich angehen und so die
Lösung finden.
Bestellungen
können beim Schreiber abgegeben werden.
Die Nacht
bietet diesmal eine besondere Klangeinlage. Mirko trompetet in langen
Tremolos
durch den Hals. Alle anderen sechs Schlafsaalaspiranten bestätigen das
am
nächsten Morgen, so ein fremdes Töneln bei Mirko in dieser Qualität
noch nie
gehört zu haben. (Es war wirklich kein gewöhnliches Schnarchen oder
Sägen wie sonst)
Mittwoch
22.06.2011
Das
ist der
Tag, an dem wir auch an die Quelle wollen, die Elbquelle (labe pramen).
Je
dichter wir an die Quelle kommen, um so mehr und dichter werden die
Touristenströme. Irgendwo muss eine Seilbahn oder Busstation in der
Nähe sein.
Die Elbquelle ist schnell abgehakt. Das schönste Objekt dort ist die
kunstvoll
aus einem Baum geschnitzte Frauenfigur, die dem hässlichen Betonring =
Elbquelle auf jeden Fall die Schau stiehlt. Für die Geschichte mit den
Kamelen
– hier nachlesen (den Link habe ich entfernt, einfach mal nach Elbquelle und Kamele suchen.
Als
wir in
Richtung Elbbaude gehen, beginnt starker Regen. Elbbaude ist eine
Untertreibung. Sie ähnelt von aussen einem Plattenbau im Chemnitzer
Heckert-Gebiet. Dieser Eindruck vervollständigt sich beim Besuch der
gastronomischen
Einrichtungen, die in Aussehen und Angebot an ein VZ
(Versorgungszentrum) aus
DDR-Zeiten erinnern. Die Krönung des ganzen ist, dass man fürs Pinkeln
auch
noch bezahlen soll! Fazit: nur geeignet als Unterstand bei schlechtem
Wetter,
sonst nichts!
Danach
gehen wir weiter, wir steigen mit einem Schritt über die Elbe, die hier
nur 30
Zentimeter Breite misst und weiter geht’s auf den Kamm. Der Regen hört
auf und
wir sitzen dann an den Mannsteinen, einer Felsenformation und machen
Land- und
Nabelschau.
Nach
den
Mannsteinen tippen wir darauf, dass die nächste auffällige
Felsenformation
Frauensteine heißen wird. Tut´s aber nicht: Es sind die Mädchensteine.
Der
Abstieg
in den Sattel bei Spindlermühlen hält Besonderheiten parat.
Schon
oben
am Gipfel hatte Maik plötzlich leise geflucht und hielt plötzlich seine
Schuhsohle in der Hand. 30 Zentimeter Gummi, die ihn eigentlich durchs
Gebirge
tragen sollten. Nun lag der Gummi zur Besichtigung aller auf der Hand.
Schöne
Sch… und da oben fährt ja kein Bus.
Mit
Panzerklebeband wird die Sohle wieder an den Ledertorso in mehreren
Bahnen
geklebt und das Gesamtkunstwerk sieht auch fast wieder aus wie ein
Bergwanderschuh. Als wir die
Baude „Dependance“ passieren, lautmale ich und sage zu Mirko, das ist
die Bude
Deppen- Dance. Mirko: nein, Deppen-Tanz. Maik läuft hinter Mirko und
wird von
ihm empfangen mit dem saftigen Spruch: Maik, hier in der
Baude
Deppen-Tanz kannst Du jetzt mal eine lockere Sohle aufs Parkett legen.
Leider ist
und bleibt die Baude „Dependance“ geschlossen und Maik's Sohle ab.
Weiter
geht
es und da die Baude Petrova geschlossen, verlassen und dem beginnenden
Verfall
preisgegeben ist, biegen wir ab und kommen zur Moravska Bauda
(Mährische
Hütte). Die erweist sich als goldener Treffer. Der Moravska Bauda wird
von uns
auch später der Goldene Gusto verliehen. Das ist die höchste
immaterielle
Auszeichnung, die ITRT den Gastgebern, Waldhütten, Blockhäusern zu
vergeben
hat.
Wir
finden
dort Pivo, leckeres Abendbrot und Unterkunft. Nach dem Abendbrot werden
die
Berge schön beleuchtet. Ein Gewitter (Burka) geht los. Die Blitze sind
manchmal
so nah oder so stark, daß Blitz und Knall eins ist und sich das alles
wie eine
Explosion anfühlt. Das muss so beeindruckend sein, dass nicht nur wir
unterm
Haustürdach sondern auch der Wirt, Koch und Kellner aus der offenen
Garage dem
Spektakel zuschauen. Alle sind also begeistert. Nur Gerd nicht. Seine
Wanderschuhe stehen zur Belüftung auf dem Fensterbrett und sind nun
voll bis
zum Eichstrich. Mehr geht wirklich nicht rein. Der arme Kerl. Nicht
nur, daß
Gerd eine offene Blase groß wie ein Zwei-Euro-Stück an der Ferse hat,
nein, nun
hat er auch noch quitschnasse Knobelbecher an den Füßen. Zum Glück hat
er eine
Vakuumsohle. Solche Prüfungen werden eigentlich nur Navy Seals (den
amerikanischen Ledernacken) auferlegt und dafür scheinen wir doch schon
etwas
zu alt. Oder?
Donnerstag 23.06.2011
Nach
dem
Aufbruch gehen wir durch den nassen Wald, dann den Grenzpfad immer
weiter bis
zum Gipfel. Nachdem wir uns von zwei attraktiven
Wandergesellinnen
fotografieren lassen, trennen sich unsere Wege. Die V-Abteilung ( V für
Vorhut?
oder Versehrte? ) mit Gerd, Mirko und Maik dem Halbbesohlten bleibt auf
dem
Kamm und geht in Richtung Schneekoppe. Dort wollen wir uns
wiedertreffen. Zur
Sicherheit werden noch einmal die Telefonnummern abgeglichen.
Thomas
G.
hat eine Abstecher-Route zu den beiden Bergseen geplant. Wir, die
andere Gruppe
mit Thomas, Tomas, Jörg und Olaf, laufen auch schön bergab, bergab,
bergab. Den
längst erwarteten Abzweig zum See finden wir nicht. Dafür sind wir fast
am
Sockel des Berges und gehen den schön gepflasterten Hauptweg den Berg
wieder
hoch und finden den See. Der Anblick entschädigt.
Die
V-Abteilung hatte schon fünf Minuten später einen 1A-Blick auf den See.
Nun,
man kann nicht alles haben. Weiter geht’s dann bergauf, zurück zum Kamm
und
dann bleibt uns ja noch der Aufstieg zur Schneekoppe, mit 1.602 Metern
der
Klimax unserer diesjährigen Wanderung.
Die
besagte
V-Abteilung liegt schon im Gipfelgras und sieht genüsslich zu, wie der
Rest von
uns sich hochhechelt. Das Bier dort oben kostet soviel wie beim
Münchener
Oktoberfest und schmeckt darum nicht sonderlich. Dafür ist die Aussicht
nach
Polen und Tschechien phantastisch.
Dort
oben
treffen wir eine Gruppe von Artverwandten. Eine Gruppe von drei
Dresdnern mit
T-Shirtaufdruck: Erste böhmische Bierwanderung. Die drei Kerle sind mit
dem
Fahrrad auf der Schneekoppe. Der Witz daran: Das Fahrrad kann man
dorthin nur
getragen haben. Vielleicht war die Unterhaltung daran schuld,
jedenfalls als
wir absteigen (heftige Treppenstufen, Medizin für Knie, wenn keine
Lekki-Wanderstöcke
zur Hand) und die erste und einzige Baude auf der Bergflanke erreichen,
sitzt
schon eine polnische Wandergruppe im Gastraum bei Bier und Brot … und
hat alle
Betten gebucht. Also weiter nach einem kühlen Blonden, der Schweiß
bleibt
ohnehin im Gewebten stehen. Das Ziel heißt Mala Upa (Klein Aupa)
Auf
der
Straße von Mala Upa suchen wir gerade das Haus Drushba, die uns
empfohlene
Hütte. Ein schon sehr altes Gebäude war es nicht und auch voll. Da
nimmt Tomas eine
vor ihrem Haus mit Namen Schnuckilutschka kehrende Person wahr. Die
Anfrage auf
Ubytovani wird positiv beantwortet und so sind wir wieder mal versorgt.
Eine
weitere Frage nach gut und günstig essen wird auch prompt beantwortet.
Und so
gehen brav dort hin und beweisen längeres Sitzfleisch. Das kurbelt auch
schön
den Getränkeumsatz an. Das haben wir uns aber wirklich verdient! Unsere
Vermieterin findet sich ebenfalls am Abend ein und sitzt dort längere
Zeit mit
der Chefin beim Plausch. So klären sich für uns uns wenigstens gleich
lokale
Verwandtschaftsverhältnisse und/oder Geschäftsbündnisse auf.
Freitag 24.06.2011
Die
Rückfahrt mit dem Bus nach Hejnice beginnt. Da Bus- und
Bahnverbindungen in
Tschechien als hervorragend im Vergleich zu Deutschland zu bezeichnen
sind ist
nach zwei Umstiegen auch Liberec am Nachmittag erreicht. Wir sind quasi
am Fuß
von Riesen- und dann Isergebirge zurückgefahren.
Als
wir
abends auf dem Campingplatz Hejnice sitzen, kommt unsere gute Frau
Micikova und
sagt: „Ach, ihr said schonn da?“
Ja,
geben
wir ihr schmunzelnd zurück. Wir sind eben auch mal schnell durchs
Riesengebirge
gegangen, so wie Sie immer samstags mit Ihrer Mutter nach der Arbeit
zur Hütte
auf die Jizerka gelaufen sind. Frau Micikova lacht verschmitzt. „Jo jo,
das
stiemt. Aber wir sind ja immer erst am Sonntag zurickgelaufen“
Wir: „Das
haben Sie uns aber vorher nicht erzählt“.
Frau
Micikova: „Jo, das mus man so sagen“ und lacht.
Nun,
am
Ende der Wanderung wissen wir: Wegzeiten von Einheimischen genannt,
sind mit dem
Faktor 3 zu beaufschlagen. Zeit ist eine sehr dehnbare Größe im
Riesengebirge.
Wir haben herzlich gelacht.
Der
Abend
endet wieder im Jedelniky Dum, wo wir uns nach der Wanderung als
aufenthaltsberechtigt fühlen.
Samstag 25.06.2011
Der
Tag der
Kultur beginnt. Heute steht Frydlant (Friedland) auf dem Plan. Nicht
nur
Kultur, nein, Hochkultur ist angesagt. Schloß und Burg der
Familie von
Waldstein wird besucht, besser bekannt als das derer von Wallenstein.
Dank
Schiller kennt auch jeder den alten Wallenstein und wenn´s vom
Hörensagen ist.
Rund zweieinhalb Stunden dauert die interessante Führung durch ein
sehr gut
erhaltenes und gepflegtes Schloß. Wir werden mit barocken
Klängen einer
jugendlichen Musikantentruppe empfangen. Zwei verwegene
Degenkämpfer in
historischen Gewändern versperren uns den Weg, lassen uns aber
nach Auskunft
der Abkunft passieren. Im Thronsaal empfängt uns dann der alte
Wallenstein höchstselbst, der gerade im vollen Ornat über
seiner Korrespondenz sitzt. Unser
Burgfräulein, die uns durch das Schloß geführt
hat,
verabschiedet uns auf der Schwedenschanze. Ein Besuch sei jedem
Frydlant-Visitanten
empfohlen, nebst der Altstadt!
http://www.mesto-frydlant.cz/de/touristik-und-sport/burg-und-schloss-frydlant.html
http://www.mesto-frydlant.cz/de/stadt-frydlant/fotogalerie/wallensteinfest.html
Danach (ver)suchen wir den Weg mit
der grünen Markierung. Weil aber teilweise ganze Straßenstücke fehlen,
gestaltet sich das schwierig. Das Endzeit-Hochwasser vom Sommer 2010
hat aber
ganze Straßenstücke und die meisten Brücken weggespült. Die Suche
gestaltet
sich schwierig. Wir überquerten den Fluß, wo keine Brücke mehr am Fuße
des
Wallenstein-Schlosses war, mit leichten Sprüngen über die Steine im
Flußbett.
Unglaublich und gespenstig sieht eine Flutmarkierung aus. Ein weißer
Plastestuhl hängt eingeklemmt zwischen zwei Baumstämmen in ca. 5-6
Metern Höhe
über dem jetzigen Flußbett. So irrten wir über private Wiesen, Wälder
und
Felder und mußten einen Notumstieg am Wehr eines Mühlgrabens machen.
Am Ende des Dorfes erblicken wir
eine Gaststätte. Das Schild verrät: originaly cesky traditionlny
hostinec. Am
Tisch ist dann aber eine original vietnamesiche Bedienung und
asitatische Menükarte. Pappesatt
gehen wir weiter durchs Dorf und entdecken dann die unglaublichen
Spuren der
Verwüstung des letzten Sintflut-Hochwassers. Den Bewohnern gilt unser
Mitgefühl.
Weiter talaufwärts biegen wir dann
nach Lazne Liberwerda (Bad Liebwerda). Das Örtchen ist ein Kurort und
schön
anzusehen. Von der Ortsmitte führt eine 500 Meter lange Treppe hoch auf
den
Berg zum Obry Sud (Großes Fass)
http://www.laznelibverda.cz/de/touristeninformation/unterkunft/ob-345-i-sud.html
Dieses Gasthaus wurde in den 30er Jahren in Form eines riesigen,
zweistöckigen
Bierfasses erbaut. Wir ziehen hier ein Gipfelbier ab und dann weiter in
Richtung Campingplatz.
Zurück
in
Hejnice gehen wir noch mal an der auffälligen Kirche im Ort vorbei.
Eine Tafel
verrät, daß dies ein Wallfahrerort ist, den die Pilger früher barfüßig
ansteuerten.
Jetzt
verstehen wir das. Das war ein Wink von oben!
Maik
ist
fast ein Barfüßer, siehe Fotos. Maik hat wirklich den letzten Meter,
nein den
letzten Zentimeter aus seinen vierteljahrhundertalten Schuhen
herausgeholt. Das
ist eine besondere Erwähnung und Belichtung wert.
Und ITRT
hat mit dem Vorstand beschlossen, eine Spende der trekkingaktiven
Wanderer zu
initiieren, um Maik ein neues Paar Wanderschuhe zu finanzieren, die
möglichst
bis ans Ende seiner aktiven LAUF-Bahn mit ITRT halten sollten.
Ol
Aff
ITRT
Amtsschreiber (auf Bewährung)
|