ITRT 2012
-- ITRT auf dem Abwegen oder besser dem Rennsteig,
auch Via Sandalia getauft --
Start: 07.09.2012 - 11.09.2012
Ziel: Thüringen
Teilnehmer:
Tomas,Mirko,Olaf,Thomas,Maik,Gerd,Jörg und ein Überraschungsgast
Bilder
Freitag
7.9.
1. Tag
2012 war ein schwieriges aber
letztendlich doch
erfolgreiches Jahr für das Traditionsunternehmen ITRT. Unserem Namen (Incredible
TATRA
Revival Tour) konnten wir dies Jahr keine Referenz erweisen. Unser Name
steht für Tradition als auch für Aufbruch in die Moderne. Die Geläufte
von
Eurokrise und anderen globalen Bagatellen hatten nur noch einen
kleinsten
gemeinsamen Terminkalender für uns alle übrig gelassen. So mussten wir
uns auf
eine zeitlich kleingefasste Tour beschränken, die dennoch Großes von
uns
verlangte, wie wir im Nachhinein feststellten.
Mirko und Olaf fuhren des
Freitags in aller Frühe nach
Weimar, wo uns Thomas und Maik schon bei Kaffee und kleinem Frühstück
erwarteten. Maik grüßten wir als neuen Untermieter von Weimar in den
neuen
heiligen Hallen, die vielleicht in Kürze das Feng-Shui-Zentrum von
Weimar
werden.
Gert wechselte nur die
Straßenseite und war da. Wir fuhren
dann los zum Bahnhof der Dichterstadt. Dort angekommen organisierten
wir uns
ein Thüringen-Gruppen-Ticket. Derweil kam ein Anruf von Thomas G. an,
er sei
noch auf der Autobahn; allerdings bei Bad Berka. Ortskundige sagten:
Keine
Chance, nicht mal mit Pilotenschein, den Zug in Weimar zu erreichen und
vermittelten schon die nächste Zugverbindung, mit der uns Thomas
nach Erfurt
folgen sollte.
Als wir dann im fahrenden Zug
sitzen und realisieren, ITRT
hat seinen 2012er unumkehrbaren Anfang gefunden, kommt die Schaffnerin,
liest
unser Ticket und befindet: Das ist ungültig! Es war 8.50 Uhr und das
Thüringen-Gruppen-Ticket gilt erst ab 9.00 Uhr. Kleine Diskussion,
hilft nix.
Wir zahlen die Nachgebühr von 25 Euro. Deutsche Zucht und Ordnung
in
Reinkultur. (Da könnten sich die Griechen mal ein Beispiel nehmen an
unserer
Abstrafung :-)
Mirkos Beitrag lautete: War doch billig. Die Dame hätte nach
billigem Ermessen es uns teuer werden lassen und 40 Euro
Schwarzfahrerprämie
kassieren können. Von jedem!
Darüber noch diskutierend
steigen wir in Erfurt aus dem Zug,
gehen den Bahnsteig runter, da zieht wie eine Erscheinung Thomas G. im
Gang an
uns vorüber. Thomas hatte uns mit dem nachfolgenden ICE aus Weimar
überholt und
war dann ein oder zwei Minuten VOR uns in Erfurt eingetroffen. Wie
heißt es so
schön im Neuen Testament: Die letzten werden die ersten sein.
Noch eine Überraschung in
Erfurt: Jörg stößt zu uns. Nach
dem ersten Hallo, dann erstes Schmunzeln auf die Frage, ob er in seinen
Sandalen den Wanderweg beginnen will. Dann ein erstes Stirnrunzeln,
nachdem
Jörg uns verkündet, dass er NUR diese Sandalen mit sich führt. Das kann
ja
(h)eiter werden …
Wir laufen los in Eisenach,
am Fuß der schönen Wartburg
vorbei, die hoch über uns thront im schönsten Sonnenschein.
Übrigens Fazit vorab: Wir
haben das Sonnenfenster des
Septembers gebucht: Sonnenschein pur vom ersten bis letzten Tag. Danke
Kolibaba!
Gerd läuft unsymmetrisch und
auf Nachfrage gesteht er mir, dass
er seit einiger Zeit Knieprobleme hat aber auf keinen Fall den Versuch
unterlässt,
ITRT wenigstens zu probieren.
Umweht uns schon am ersten
Tag der Odem der Geriatrie? Einen
Gedanken, den ITRT in seiner Gesamtheit schon seit längerem nicht mehr
unterdrücken kann, denn alle Teilnehmer haben das Bergfest ihres Lebens
schon
vor einigen Jahren mindestens gefeiert.
Dann nähern wir uns der
Drachenschlacht und der echte
Einstieg zur Wanderung beginnt. Ein Blick in unsere Fotogalerie lohnt
sich! Es
geht durch eine Felsklamm, die teilweise nur einen Meter breit ist und
über uns
wächst der Fels in die Höhe. So eine Landschaft hätte wir niemals in
Thüringen
verortet sondern eher in der Hohen Tatra, Slovensky Raj oder den
Dolomiten. Oben
angekommen nach einem Aufstieg von 500 Metern kommen wir an der HOHEN SONNE an und atmen tief durch und genießen
nun
den Blick auf die Wartburg von OBEN bei einer ersten richtigen
Rennsteig-Roster. (Jörg bemängelte nur den intensiv grünen Kern, das ist aber bei den Originalen so!) Die
Hohe Sonne ist ein altes Jagdschloss derer von und zu und ist leider zu.
Es muss
schönere Zeiten gesehen haben.
Zu DDR-Zeiten fing hier der
Rennsteig an, weil der echte
Rennsteig-Anfang in Hörschel den Genossen Bergfreunden zu dicht im
Grenzgebiet
lag.
Jetzt beginnen wir mit
unserem Rennsteig-Marsch und kommen
in der geschlossenen Bergwachthütte „Am Auerhahn“ zu unserem
wohlverdienten
Mittagessen, das sich aus der Plastefolie schält und wo ein
kohlesäurehaltiges
Getränk leicht aufstoßen lässt. Danach beginnt ein steiler Abstieg (wie
hasse
ich das immer wieder, da ochst man sich Hunderte Meter bergauf
um dann viele viele Höhenmeter
runterzulaufen, nur damit man auf den nächsten Hügel in vorher gleicher
Augenhöhe zu kommen)
Aber nach Kilometern und
Stunden sammeln wir uns am
Rastplatz Schillerbuche, ein Treffpunkt friedlicher Koexistenzen von
Autos und
Wanderern. Thüringer Bratwurst für alle und ein Bier, das der Olaf
bestellt und
bekommt und das ist sogar ein Tatra-Bier (Herstellung in Polen!) Danach
ist
Bier aus. Eine Flasche Bier für sechs Wanderer ist gut genug.
Die wichtigste Botschaft für
uns ist diese: Tatra-Bier. Nur
noch diese eine war da und hier. Unser Name & Programm ITRT (Incredible
TATRA
Revival Tour) hat sich hier bewahrheitet, eben auch auf dem Rennsteig.
Als wir dann weiterwandern
kommen wir schon wieder an einem
Drei-Herren-Stein vorbei. Der Name ist inflationär, wie wir später noch
bemerken werden. Der Rennsteig war Jahrhunderte die Grenze von zwei
oder gar
oft drei Herrschaftsgebieten derer von und zu usw. Darum
findet der
erbaute Wanderer ganz oft Dreiherrensteine als steinerne Denkmäler, als
Wegorientierungen und als Namensgeber von Hütten, Pensionen und Hotels.
Der weitere Weg nach dem
Tatra-Bier war ein steiler Anstieg:
Der Große Inselsberg wartete auf uns mit
seinen 916 Metern. Thomas und Olaf zogen als Vorhut mit schnellem
Schritt den
Berg hinauf. Grund: Wir hatten das Hotel „Am kleinen Inselsberg“
bestellt und
sollten um 18 Uhr dort sein. Nun waren wir knapp mit der Zeit dran und
haben
uns drum einen sportlich-steilen-schnellen Anstieg auf den Großen
Inselsberg
eben gegönnt. Oben angekommen sind wir beide dann klitschnass.
Es geht nicht anders, wir
müssen auftanken und bestellen uns
ein Sturzbier. Danach gehen wir die sogenannten Reitsteine am steilsten
Abstieg
runter und stehen dann kurz danach vor unserem Hotel.
Wir sitzen vorm Haus, trinken
unser erstes
Wandererfeierabendbier, da hält ein Taxi vorm Hotel und dann staunen
wir …
Bauklötzer.
René steigt aus und stößt
unangekündigt zu uns. Er hatte
alle unsere Emails per CC mitgelesen und wusste wo wir am ersten Tag
als Ziel
ankommen und schlafen wollten. Er hatte sich heimlich ein Zimmer
gebucht und
vom Wirt versichern lassen, dass da eine Chemnitzer/Weimarer Truppe im
Anmarsch
ist. Es gab ein großes Hallo als die Nachhut ankam. Nur wie Gert
angehumpelt
kam, das sah nicht so gut aus. Es wurde ein schöner Abend nach 28 km
Marsch,
die wir zuvor auf zehn oder dreizehn Kilometer geschätzt hatten.
Samstag
8.9.
2. Tag
Gert beschließt sich fahren
zu lassen. Sein Knie gibt keine
mehreren Kilometer Laufleistung mehr her. Unser nächstes Ziel heißt:
Jahnhütte.
Nach vier Kilometern kommen wir am Heuberghaus an mit der historischen
Bobbahn.
Da wir denken, wir haben wieder nur ein kurzes Stück Weg vor uns,
beschließen
wir ausgiebig zu pausieren und dinieren auch ein wenig mit Soljanka.
Nach dem
ersten Pausenbier singen wir die Thüringer Nationalhymne ab; das
Rennsteiglied.
Mirko lädt zu diesem Behufe noch schnell die Melodie und die
Gitarrengriffe aus
dem Internet runter und Thomas Musicus zupft auf seiner Gitarre die
Melodei.
Irgendwann brechen wir auf,
wähnen uns eines kurzen Weges
und gähnen dann später, als wir merken, wie lang die Strecke noch wird
und
wurde. Aber das ist nicht alles. Auf dem Rastplatz „Neue
Ausspanne“ meldet Jörg massive Muskelbeschwerden
an: Krämpfe in den Waden. Die Sandalen, seine neo-römischen
Gehwerkzeuge wurden
ihm zum Folterwerkzeug.
Im medizinischen Befund von
Dr. Reinholz standen allerdings
Wadenkrämpfe. René bleibt zurück und beschützt Jörg während der Tross
weiterziehen
muss.
Nach der Ebertswiese kommen
wir an einer Bergwacht-Hütte
vorbei. Es qualmt dort kräftig und lädt sogar mit einem Schild zur
Einkehr ein.
Allerdings glauben wir, dass es nur für Notfälle gilt und so ziehen wir
weiter.
Auf der nächsten Bergwacht
werden wir eines Besseren
belehrt. Als Tipp an alle gilt: Besetzte Bergwachten laden zur Einkehr
ein und
bessern mit den bescheidenen Preisen für Kost und Logis die
Vereinskasse auf,
denn diese Bergwachten werden alle ehrenamtlich geführt und
bewirtschaftet.
Irgendwann kommen wir leicht
erschöpft an der Bergwacht
Rotterode an. Da sitzt aber unser Gert schon im Fröhlichkeitsstatus und
spielt
Karten mit der Bergwacht. Gerds kaputtes Knie wurde von den
Bergwächtern
umfassend beraten und dem Wiederangriff der bösen Geister wurde durch
spirituelle Getränke Abwehr gezeitigt. Gert galt als spontangeheilt und
verkündete uns, dass er nach unserem Abgang zur Jahnhütte eigenen Fußes
folgen
würde.
Endlich
Ankunft in der
Jahnhütte, die benannt ist nach dem
Turnvater Jahn. Nachdem uns unser Schlafsaal zugewiesen wurde, essen
wir
harmlos Linsensuppe mit Knoblauch; mit viiiel Knoblauch. Das haben wir
uns
verdient und unsere Frauen sind weit weg. Ein wenig später kommt Gert
den
Abstieg zur Jahnhütte runtergehumpelt. Beim zweiten Teller Linsensuppe
packt
Thomas Musicus seine Gitarre aus und stimmt sie und sich ein. Da
kommt vom Nachbartisch die Ansage: "Gib doch mal rüber".
(Erinnerungen an
die
Alu-Hütte in der Niederen Tatra werden wach, ITRT 2009)
Es wird wieder einer der Abenden, die man nicht buchen kann. Zaungäste,
wenn es
denn in dieser Einsamkeit der tiefen Bergtäler welche gäbe, würden vom
Sängerwettstreit berichten. Ein wilder Talentewettstreit scheint
ausgebrochen,
der mit Tanzeinlagen von der Bundes-Moni aufgelockert wird. Bundes-Moni
ist von
der Bundeswehr und gerade seit vier Wochen aus Mazar-i-Sharif in
Afghanistan
heimgekehrt und übt sich im Zivilistenleben wieder ein. Das
Rennsteig-Lied
abzusingen ist zur Überraschung der Thüringer am Nachbartisch unsere
leichteste Übung.
Wir
waren ja gut vorbereitet auf den Rennsteig geklettert. Der Abend wurde
lang und
länger. Der Schreiber hat bei einer Nachtpatrouille zum
Sanitärporzellan die
letzten standhaften Sänger noch um zwei in der Blockhütte gesichtet.
Sonntag
9.9.
3. Tag
Nach
dem Frühstück
verabschieden wir uns von Gert und Jörg.
Beide erhalten einen Attest von uns, der Ihnen entschuldigtes
Fernbleiben von
der Truppe ITRT aus medizinischen Gründen bescheinigt. Jörgs Versuch,
den Rennsteig in Sandalen zu absolvieren endete damit, dass wir den
Antrag auf Namensänderung stellen werden: von Rennsteig auf Via
Sandalia. Wir laufen alle
wieder
hoch zur Bergwacht Rotterode. Von dort lassen sich die beiden mit dem
Allradjeep in die Zivilisation fahren. Wir, der Rest, wandern weiter.
Die nächste Station ist der
Grenzadler von Oberhof. Mit
grenzwertigen aber obertouristisch normalen Preisen haben wir diesen
absolviert
und überschritten. Oberhof ist für gestandene Wanderer kein Highlight.
Am so genannten Rondell
verabschiedet sich René, um sich
seiner Kundschaft am nächsten Tag zu widmen und sie mit Künstlerbedarf
wieder
weiter zu versorgen. Es geht munter bergan, bis wir auf dem höchsten
Berg von
Thüringen stehen, welches nicht der Große Inselsberg (916) ist, wie
alle
glauben und von weiter Ferne aus angenommen werden kann. Der
Thüringer Premium-Berg ist
der Große Beerberg mit 983 Metern. Justus von Plänkner sei dank, der
den
Rennsteig bewandert und vermessen hat und dem hier ein Denkmal gesetzt
ist. Von
der Plattform haben wir einen wunderbaren Blick runter nach Suhl und
bis
hinüber in die Rhön mit der Wasserkuppe.
Nach einiger Strecke kommen
wir am Ziel Schmücke an. Dort
steht unser nächstes Hotel und Kellner, der uns ein Wernesgrüner
Feierabendzielbier bringt. Wernesgrüner ist definitiv nicht unsere
bevorzugte
Vereinssaftsorte. Das Hotel auf der Schmücke ist ein rustikales
DDR-Hotel, das
man wohl eher nicht mit Familie buchen würde. Für uns bedarfslose
Wandergesellen, die am nur am Weg interessiert sind, reicht es.
Abends entdecken wir ein paar
rote Lichter ...
*--
Jetzt muss der Lektor doch mal seiner Verantwortung nachkommen.
Der
Schreiberling wollte aus ethisch moralischen Gründen die bereits
wohlfeil formulierten Beobachtungen unter dem Mantel des
Schweigens verbergen. Nun die ungeschminkte Wahrheit aus meiner Sicht.
Neben dem Hotel gab es ein niedliches Einfamilienhaus neuerer Bauart.
Über dem Eingang zur Garage war ein Plakat gespannt, den Text
konnten
und wollten unsere trüben Augen nicht mehr erkennen.
Auffällig waren
nur die davor parkenden Nobelautos. Jetz greife ich der nächsten
Überschrift mal vor... Am Morgen war meine Schlafphase dank
knochentrockener Luft recht früh beendet. Um die Zeit bis zum
Frühstück
mässig sinnvoll zu überbrücken begab ich mich auf einen
kleinen
Rundgang durchs Gelände. Da erst konnte ich das Plakat lesen.
"Schmücke Girls" Und war es so schlimm? Ich glaube Nein! Und
wieder zurück zum Schreiberling
--*
Montag
10.9.
4.
Tag
Morgens sitzen wir im Hotel
und genießen das Frühstück bei
mit karibischen Flair und Schokonussi (dieser Satz hat nur Erinnerung
und Wert
für ITRT, Nachfragen zwecklos) Die wichtigste Station des Tages ist für
uns als
Wegmarke: das Herbert-Roth-Denkmal. Auch wenn wir sonst eher nicht bei
Stefanie
Hertel und Co in der Fan- und Klatschgemeinde gesichtet werden, dem
Herbert
singen wir mal schon ein Lied oder besser DAS Lied. Der geneigte Leser
ahnt es
schon: das Rennsteiglied. http://www.dreiherrenstein.de/lied.html (am Besten funktioniert der Link mit zugeschalteten Lautsprechern)
Vor dem Denkmal von Herbert Roth bauen wir uns auf und röhren mit vollen Stimmen das Lied, dass
die Spatzen ihren Flug unterbrechen und auf den Zweigen unsere Parade
ehrfuchtsvoll entgegennehmen. Das Absingen der vollständigen
Thüringen-Hymne
ist für uns ein Muss. Eine auf den Bus wartende Seniorenwandergruppe zeigt sich entzückt.
Unsere Wanderung geht weiter,
vorbei am sogenannten
Mordfleck und dann zum Bahnhof Rennsteig. Züge fahren dort wohl schon
lange
nicht mehr aber Freunde von Eisen & Bahn haben den Bahnhof
liebevoll in
eine Gaststätte mit Ambiente umgebaut, von dem Mitropa nur hätte
träumen können.
Allen Wanderern und Urlaubern sei dieser Kult-Bahnhof/Restaurant
wärmstens
empfohlen! http://www.bahnhof-rennsteig.de/
Die chefhabende Kellnerin vom
Dienst sieht uns die
Wandervögel an und bei einem Gespräch lässt sie auf unsere verbale
Provokation
die Bemerkung fallen, dass sie uns allen ein Freibier spendiert, wenn
wir denn
das Rennsteiglied singen könnten. Kurz darauf erschallt unser Gesang
laut wie
die Don-Kosaken und die Kellnerin wird blass ob unserer Textsicherheit und
wiegelt sofort ab und nimmt Abstand von ihrem früheren Angebot. Es
kostet uns
nur ein Lächeln und dann kosten wir das Jäcklein-Bier und genießen uns
durch die ästhetisch und künstlerisch sehr geschmackvoll gestaltete
Menükarte.
Dieser Bahnhof sei wirklich eine Empfehlung an alle Leser und Wanderer.
Als wir wieder auf dem
Rennsteig sind, kommt irgendwann die
Anzeige nach Schmiedefeld. Thomas Musicus der Architekt hat dort sein
berufliches
Erstwerk zu stehen und würde es sich gern noch einmal ansehen. Wir
wägen ab;
die vielen Kilometer abwärts vom Rennsteig und dann noch die vielen
Kilo und
Meter, die noch vor uns liegen. Die Abstimmung fällt zuungunsten von
Thomas
aus, der uns das hoffentlich verziehen hat.
Dafür kommt wenige Kilometer
auf dem Rennsteig eine
Attraktion der besonderen Art: ein alter DDR-Bunker, der für die
absolute
Führungselite im Atomfall vorgesehen war. Dieser Bunker ist heute ein
Ort der
Besichtigung.
http://www.waldhotel-rennsteighoehe.de/bunkermuseum-rennsteig.php
Wieder stimmen wir ab, dieses
Mal ist die Mehrheit
einschließlich Thomas dafür.
Wir haben noch jede Menge
Zeit, bis die Führung ins Reich
des grauen (Betons) beginnt. Darum logieren wir draußen auf dem Rasen
in der
Sonne. Und dann passiert es. Ein Mitarbeiter der Anlage, wohl der
Gärtner, geht
im blauen Nicki mit DDR-Emblem drauf und Strohhut auf dem Kopf an uns
vorbei,
so wie ihn der Chef der größten DDR der Welt immer gern getragen hat.
Uns
bleibt erst mal die Spucke weg um dann zu sehen, dass der Marketing-Gag
der
Truppe dort gewirkt hat. Der Besuch dieser Anlage, die die Auserwählten
für
maximal 400 Tage am Weiterleben gehalten hätte, ist ambivalent. Was
hätte sie
denn im Falle eines Ernstfalles nach dieser Frist oben erwartet?
Danach geht’s weiter nach dem
Ort Allzunah. Das soll der
offizielle Mittelpunkt des Rennsteigs sein. Dort wurden wir zum ersten
Mal von
einem Gastwirt mit dem offiziellen Rennsteigwanderergruß begrüßt und
der heißt:
Gut Runst. Laut Wanderführer ist das der traditionelle Gruß der
Wanderer. Als
Fazit müssen wir festhalten, dass wir nicht allzu viele
Rucksackwanderer, wie
wir, auf dem Rennsteig getroffen haben. Umso mehr wurden wir von den
älteren
Semestern wertgeschätzt, die uns trafen auf ihrem Tagesausflug und sich
bei
unserem Anblick vermutlich an ihre Wandertage erinnerten. Die Masse der
Wanderer die wir trafen waren Radfahrer (Biker appr. Mountain), die zum Teil mit affenartiger
Geschwindigkeit die Schotterpiste hinabgeschossen kamen.
Wir hatten keine Unterkunft
für die kommende Nacht gebucht
und fragten nun einen Gastwirt, der uns Neustadt ans Herz band.
Nach zwei
Stunden waren wir dann auch dort. Zu unserer Überraschung nach den
ersten
Bürgerbefragungen war auch hier alles voll. Wir hatten aber die Kraft
der
spirituellen Gewissheit in uns, dass sich für uns auf jeden Fall etwas
finden
wird. Es war zwar schon abends um fünf aber wir genehmigten uns in
aller Ruhe
ein Bier beim Gastwirt in der Pension Sonne. Der Gastwirt telefonierte
liebenswürdigerweise mit Bewohnern und siehe da: Wir hatten eine
Pension.
Frau Oberländer in der
Pension Brunnengasse 22 stand
schon auf dem Weg und begrüßte uns breitarmig, als wir den Weg
hinabgeschlendert kamen. Kurze Wege und schnelle Kommunikation, das hat
hier
wieder mal funktioniert.
Frau Oberländer empfahl auf
unsere Frage nach einer
rustikalen Gastwirtschaft uns den Tannengrund. Das wäre gut und
günstig. Die
Gaststätte war wirklich super. Der kleine Laden war mit uns randvoll.
Die Teller waren reichlich belegt und die
Bierkrüge gefüllt. Im Hintergrund wurden nur alte DDR-Lieder von Karat
und Co abgespielt. Das ganze kam uns wie eine kleine DDR vor, die sich
in die
neue Zeit hinübergerettet hatte. Auch wurde pünktlich um 22 Uhr der
Ausschank
eingestellt und damit verhindert, dass sich durstiges Volk die
Arbeitsfähigkeit
des nächsten Tages wegtrinkt. Ein stark überhopfter Gast wurde so auch
nach
Hause geschickt.
Wir gingen nach Hause sangen
Fischers Nachtgesang und beendeten
den Tag.
Dienstag
11.9.
5. Tag
Nach einem oppulenten
Frühstück mit Eiern von glücklichen
Hühnern, die den ganzen Morgen im Hof schon Krach gemacht hatten, begann dann
der
Ausstieg. Das Ende der Rennsteigwanderung nahte unaufhörlich.
Als wir in Großbreitenbach
ankamen und mit dem Fahrplan
im Bushäuschen nicht ganz zur Weisheit kamen, gingen wir zur
nebenanliegenden
Filiale der Volksbank und fragten nach Bus und Weg. Die beiden
Bänkerinnen
hatten nichts zu tun und offensichtlich Freude am Schwatz mit
uns. Die
eine Bänkerin telefonierte, bis wir mitbekamen, dass sie mit dem Fahrer
unseres
Linienbusses per Handy telefonierte und uns bedeutete, dass in dreißig
Minuten
der Bus da ist. Man/Frau kannte sich :-)
Daraufhin sagte ich, dass ich jetzt die Werbung der Volksbanken
verstanden haben: Wir machen den Weg frei.
Großes Lachen und bald darauf
saßen wir im Bus.
Der Abgesang lässt sich kurz
fassen.
In Weimar trafen wir einen
genesenden Gert an.
Nach einer Weile
verabschiedeten wir uns und brachen ein
jeder in seine Heimat auf.
Steffen der Kolibaba I, sei Dank, dass wir
auch dies Jahr wieder eine ITRT
Wanderung gemacht haben.
Wohin wird uns die nächste
führen?
O. B.
Schreiberling
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